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Evangelische Kirchengemeinde
Oberkassel-Königswinter

Vom Himmelreich | 53-4

| Pfarrerin S. Döllscher

In meiner Kindheit war Himmelreich schräg gegenüber. „Himmelreich“ hieß der Lebensmittelladen, der auf der anderen Seite der Straße lag. Und so sind wir zu Himmelreich gegangen und haben Milch oder Bananen eingekauft oder, was wir sonst brauchten. 

In diesem Sommer bin ich an Himmelreich vorbeigefahren. „Himmelreich“ heißt ein Ort in der Nähe von Freiburg. Er ist einer von 17 Orten, Ortsteilen und Höfen in Deutschland mit gleichem Namen. Zumindest sagt das die Wikipedia-Seite zum Begriff „Himmelreich“. Außerdem heißt es da: „Himmelreich steht für: Reich Gottes in der Sprache der Evangelien.“ Für das Matthäusevangelium stimmt das. Matthäus überliefert „Himmelreich“, wo die anderen Evangelien vom „Reich Gottes“ sprechen. Genau genommen ist es Jesus, der vom Reich Gottes spricht. Bei ihm ist das Himmelreich kein Laden – und sei er noch so reich gefüllt – und kein Ort – egal, wie schön der auch gelegen sein mag. Am Himmelreich fährt man auch nicht vorbei und es liegt nicht schräg gegenüber, sondern, so sagt es Jesus: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lukas 17,21)
Während Jesus das sagt, steht er inmitten seiner Jüngerinnen und Jünger: Die Frauen und Männer verstehen: Jesus verweist auf sich selbst: Da, wo er Menschen zum Nachdenken und auf gute Wege bringt, wo er heilt und befreit, wird Gottes Wille Wirklichkeit. Und die Jüngerinnen und Jünger ahnen, er meint sie: „Mitten unter euch“, da wo sie mit Jesus leben und ihm nachfolgen, da wo sie so leben, wie Gott es für sie will, greift Gottes Reich Raum.
Das Himmelreich also kein Ort (auf griechisch ein u-topos) und doch vor Ort erfahrbar. Ein Quell von Sehnsucht und Hoffnung und gleichzeitig erfahrbare Wirklichkeit. Noch nicht vollendet, aber schon erlebbar, hier und dort, wo immer wir mit Jesus leben und ihm nachfolgen und wo wir so leben, wie Gott es für uns will.
Aus der Sehnsucht nach dem Reich Gottes und auf der Suche nach Wegen, Jesus nachzufolgen, hat der Ökumenische Rat der Kirchen im Jahr 1983 den sogenannten „konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ angestoßen. Viele kritische Fragen wurden gestellt und konkrete Projekte angestoßen. Gleichzeitig wurde und wird diskutiert und gerungen, was Gottes Wille ist und was es heißt, Jesus nachzufolgen. Dabei ist klar: Wer sich für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzt, schafft kein Himmelreich, aber etwas mehr von dem, was Gott für uns will: Ein gutes Leben für alle. Wo das gelingt, hier und dort, wird Gottes Reich in unserer Welt erfahrbar und bleibt dabei doch „Utopie“, ein „kein-Ort“ in dieser Welt, dafür eine Quelle der Sehnsucht und der Hoffnung.
Das Himmelreich – also doch nicht schräg gegenüber oder ein Ort zum Vorbeifahren, sondern mitten unter uns. Ich nehme Jesu Hinweis an seine Jüngerinnen und Jünger als Ermutigung mit in diesen Herbst und in alle Herausforderungen, die da kommen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihre Pfarrerin Sophia Döllscher

 

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