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Evangelische Kirchengemeinde
Oberkassel-Königswinter

Gedanken zum Danken | 54-4

| Pfarrerin S. Döllscher

Ich öffne die Tür zu meinem Keller. Apfelduft kommt mir entgegen. Ich sehe den Korb, der bis oben hin gefüllt ist mit den ersten Äpfeln des Jahres. Meine Patentante hat sie mitgebracht. In ihrem Garten steht ein großer Baum, der sie Jahr um Jahr reich beschenkt. Sie braucht nur das aufzusammeln, was runter fällt und hat immer noch so viel, dass sie viele Äpfel an andere weiter gibt, eben auch an mich. Ich nehme den Korb mit nach oben, um Apfelmus zu kochen. Als ich fertig bin, freue ich mich und denke an meine Patentante: „Danke für die Äpfel. Danke, dass du das ganze Jahr nach dem Baum und dem Garten schaust.“ Und beim ersten Bissen muss ich lächeln: „Danke Gott, dass es mir so gut schmeckt – und auch für den Baum und seine Früchte und für meine Patentante. Danke!“

Ich gehe einkaufen und komme durch den Gang mit dem eingekochten und eingelegten Obst und Gemüse. Ich zähle 12 Sorten Apfelmus. Mit und ohne Zucker. Bio und konventionell. „Aus heimischen Anbau“ steht auf einem, auf den meisten steht nicht, woher die Äpfel kommen. Ich erinnere mich, dass China der größte Apfelproduzent der Welt ist. Dort gibt es Regionen, in denen Menschen die Blüten mit Hand bestäuben, weil es nicht mehr genug Insekten gibt, die das übernehmen. Ich halte ein Apfelmusglas in der Hand und überlege, wer wohl alles mitgeholfen hat, damit ich das für 1,49 Euro mit nach Hause nehmen kann.

Ich habe Besuch. Meine Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen sind da. Das Mittagessen steht auf dem Tisch und wir singen unser Tischgebet: „Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir, wir danken dir dafür.“ Zum Nachtisch gibt es Apfelmus, das Selbstgemachte und als Reserve das Gekaufte. Als ich es esse, denke ich über die nach, die vielleicht beteiligt waren: an den Obstbaum-Produzenten, der den Baum groß gezogen und veredelt hat, an den Mitarbeiter, der den Baum gesetzt hat, an die Landwirtin, die das Land bewirtschaftet auf dem er steht, an die Erntehelfer*innen, die die Äpfel ernten, die Arbeiterin, die die Äpfel wäscht und sortiert. Ich denke an den Mitarbeiter an der Abfüllmaschine, an die Verwaltungskräften von Obstfabrik, Speditionen und Lebensmittelgroßhandel, den LKW Fahrer, der die Paletten voll mit Apfelmusgläsern vom Verteilzentrum abholt, an die Mitarbeiterin im Supermarkt am Regal und an der Kasse. „Danke Ihnen!“

Das große „Danke“ steht in diesem Jahr noch aus: Am ersten Oktobersonntag feiern wir Erntedank und bedanken uns ganz offiziell, bei Gott und bei den Menschen. Zunehmend rücken auch Tiere, Pflanzen und das ganze Ökosystem in den Blick, die uns das Leben ermöglichen. Das große „Danke“ also einmal im Jahr. Das kleine „Danke“ gerne jeden Tag. Im Supermarkt hilft mir dabei ein Lächeln und ein freundlicher Gruß. Beim Essen ist das Tischgebet aus der Mode gekommen. Aber nichts kann mich davon abhalten, an die zu denken, die zu meinem Essen beigetragen haben. Ich halte kurz inne und sage: „Danke.“

Mit herzlichen Grüßen
Ihre Pfarrerin Sophia Döllscher

Informationen

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