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Evangelische Kirchengemeinde
Oberkassel-Königswinter

#mitliebetun | 55-2

| Pfarrerin A.K. Quaas, Bild: A.K. Quaas

Als ich heute Morgen hastig zum Auto eile (mal wieder zu spät dran!), klemmt ein Zettel unter den Scheibenwischern der Windschutzscheibe. Jemand hat ein dickes rotes Herz darauf gemalt.
Lächelnd nehme ich den Zettel und lege ihn auf den Beifahrersitz. Jetzt hat die Liebe einen Platz bei mir.

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Jetzt hat die Liebe einen Platz bei mir – wenn auch nur für kurze Zeit. Denn schon wenig später, als ich versuche, die Betten der Kinder mit Liebe zu machen und das Klo mit Liebe zu putzen, ist sie plötzlich verschwunden, die Liebe.

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. – Echt jetzt? Alles?

Vielleicht ist dieser Absolutheitsansatz übertrieben. Und natürlich hat das auch damit zu tun, dass der Satz aus seinem Kontext gerissen ist.

Der Kontext: Ein sehr langer Brief, den Paulus vor 2000 Jahren an die Christ:innen in Korinth schreibt. Und er schreibt sehr viel über die Liebe in diesem Brief und er muss sehr genau erklären, was die Liebe ist, weil es mit der Liebe unter den Christ:innen in Korinth eben nicht so gut läuft. Da trifft man sich beispielsweise zum Abendessen und die Reichen reichen ihre Köstlichkeiten nur unter ihresgleichen weiter. Am anderen Ende des Tisches wird gedarbt. Lieblos ist das.

Und dann werden haarspalterische Diskussionen darüber geführt, wer hier mehr für die Gemeinschaft macht und wer wichtiger ist. Und die Unterschiede sind plötzlich wichtiger als das, was verbindet.

Und auf diese Lieblosigkeiten reagiert Paulus, wenn er schreibt: Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Die Liebe ist eine Kraft, die verbindet, die uns zusammenhält. Sie sieht die Chancen und die Möglichkeiten, sie kann wertschätzen, was ist – statt den Mangel festzu- schreiben. Die Liebe traut mir selbst und dem Anderen viel Gutes zu. Sie ist großzügig und kann verzeihen.

Die Liebe ist eine Kraft, die größer ist als ich selbst.

Sie ist da, wie die Sonne am Morgen und der Zettel auf meiner Windschutzscheibe. Einfach so. Fromm gesprochen: Ein Geschenk Gottes.

Aber das Geschenk muss auch genutzt werden: Lieben muss geübt sein. Und das am besten dreifach: Gott zu lieben – muss geübt sein, z. B. indem ich Gott mitdenke in meinem alltäglichen Sein. Mit Gott rechne. Mit Gott ins Gespräch gehe.

Den Nächsten zu lieben wie mich selbst – muss geübt sein. Dabei ist mich selbst zu lieben genauso schwer, wie die anderen zu lieben. Kleine Übungen müssen für heute reichen.

Heute heißt das für mich: Die Kinder dürfen ihre Betten jetzt mal selbst machen. Ich mache eine kleine Pause – aus Liebe zu mir selbst. Und dann klemme ich den Zettel mit dem Herz einem anderen Auto unter den Scheibenwischer.

Und danke Gott ganz kurz für diesen kleinen Zettel, der mir ein wenig Liebe geschenkt hat.

Pfarrerin Anne Kathrin Quaas

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14

 

 

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