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Evangelische Kirchengemeinde
Oberkassel-Königswinter

Säen - auf Hoffnung hin | 54-2

| Pfarrerin S. Döllscher

Ein Mann kommt in einen Laden. Es ist ein altmodischer Laden mit einem Verkaufstresen und hohen Regalen an den Wänden. Hinter dem Tresen steht ein Engel, der den Mann freundlich begrüßt: „Guten Tag, treten Sie ein. Womit kann ich Ihnen helfen?“ Der Mann schaut sich um: In den Regalen sieht er lauter kleine Schubladen gut lesbar beschriftet: „Frieden“ steht auf der einen, auf einem anderen „Gerechtigkeit“, daneben „Freundschaft“, „Vertrauen“, „Zuversicht“, „Zufriedenheit“, „Veränderung“, „Mut“, „Hoffnung“ und vieles mehr. Staunend liest der Mann all das, was er sich für sich selbst, für seine Familie und Freunde, für die Welt wünscht. Er tritt an den Tresen heran und sagt: „Ich hätte gerne 2x „Mut“ - 1x für mich und 1x für meine Tochter, die eine neue Arbeit anfängt. 1x Vertrauen für einen Freund und 1x Zuversicht für einen anderen, der sie braucht angesichts einer schwierigen Diagnose. Dann nehme ich eine große Portion Gerechtigkeit. Nicht für mich, sondern für die Welt, damit der Reichtum und die Herausforderungen endlich gerecht geteilt werden. Und Frieden. Bitte soviel, wie Sie haben. Wir brauchen ihn dringend.“ Der Engel hinter dem Verkaufstresen lächelt und sagt: „Es tut mir leid. Mut, Zuversicht, Gerechtigkeit und Frieden gibt es hier nicht. Bei uns bekommen Sie nur die Samen.“

„Nur die Samen“ - an diese Antwort des Engels musste ich denken, als ich von der Aktion #hoffnungsäen gehört habe. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) lädt dazu ein, gelbe Sonnenblumen und blaue Kornblumen zu sähen. Gelb und blau, die Farben der ukrainischen Flagge. Gelbe Sonnenblumen und blaue Kornblumen, die wir im Frühling sähen auf Hoffnung hin. Auf die Hoffnung hin, dass, wenn sie im Sommer blühen, Frieden und Freiheit für die Ukraine möglich sind.
Während ich diese Andacht schreibe, ist noch nicht Frühling und schon gar nicht Sommer. Bald jährt sich der 24.2. und damit der Angriff Russlands auf die ganze Ukraine. Alles, was ich von der Hoffnung sehe, sind kleine Samen: Unterstützungsangebote für Menschen, die zu uns geflohen sind: in den Kleiderstuben, bei der Tafel, am Mittwochs-Mittagstisch, hier und da durch eine zur Verfügung gestellte Wohnung. Kleine Samen wie die Spenden, mit denen Menschen vor Ort in der Ukraine und in den angrenzenden Ländern geholfen wird. Gebete, in denen wir an alle denken, die von Krieg, Gewalt und Unterdrückung betroffen sind und Gott um gute Lösungsideen bitten. Gespräche, die wir suchen, auch mit denen, die mit uns nicht einer Meinung sind, Frieden üben im Kleinen.
Nur die Samen – die haben wir.
Ob wir sie säen – auf Hoffnung hin?

„Es ist wie bei einem Senfkorn: Wenn es in die Erde gesät wird, ist es das kleinste aller Samenkörner, die ausgesät werden. Aber wenn es ausgesät ist, geht es auf und wird größer als alle Sträucher. Es bringt so große Zweige hervor, dass die Vögel in seinem Schatten ihr Nest bauen können." (Markus 4,31-32) Was Jesus hier vom Reich Gottes sagt, nehme ich als Ermutigung, dass es sich lohnt, die Samen zu säen. Wenig können wir tun für Frieden und Gerechtigkeit weltweit. Aber, wenn wir nichts tun und nichts hoffen, wie soll etwas anderes wachsen als Resignation, Frust und Gleichgültigkeit? Dann doch lieber gelbe Sonnenblumen und blaue Kornblumen säen. Und dazu vielleicht ein Gebet, ein offenes Ohr, eine helfende Hand: #hoffnungsäen.

Mit herzlichen Grüßen, Ihre Pfarrerin Sophia Döllscher.

 

Informationen

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